Inhalt aus dem Archiv der Mitteldeutschen Zeitung

Inspiration geholt im Museum

FAHRZEUGTECHNIK 150 Ost-Oldies rollen gen Mügeln. Veranstalter sind sehr zufrieden mit Resonanz.

VON H.- DIETER KUNZE

MÜGELN/MZ - Strahlendes Lächeln bei den IFA-Freunden aus Jessen: Das erste Treffen von Oldtimer-Fahrzeugen im Freizeitzentrum Mügeln war ein Erfolg, wie er schöner nicht hätte sein können. 150 Fahrzeuge vom Hühnerschreck bis zum Lkw wurden in den Starterlisten registriert, rund 400 Besucher schauten sich das Spektakel an.

Mario Brettschneider, Leiter der Interessengemeinschaft IFA-Freunde Jessen, die derzeit 17 Anhänger hat, freute sich über die gelungene Aktion: "Sie hat alle unsere Erwartungen übertroffen." Aus allen Himmelsrichtungen kamen die Teilnehmer an den Badesee in Mügeln geströmt. Die weiteste Anreise hatte Mike Krüger. Er kam mit einem betagten, aber gut in Schuss gehaltenen Motorrad aus Annahütte im Vogtland angedüst. Es war so ziemlich alles vertreten, was in der Zwei- und Vierradbranche des einstigen Industrieverbandes Fahrzeugbau (IFA) der DDR Rang und Namen hatte. Seien es die legendären Motorräder vom Typ RT, wo der Sozius auf dem "Hochsitz" hinter dem Fahrer einen ungetrübten Blick über den Fahrer hinweg hatte, blubbernde AWO, als Viertakter Exoten in der Zweitakter-Landschaft der DDR-Motorradherstellung, oder die "Vogelserie" von Simson Suhl, wie Spatz, Star oder Schwalbe. MZ- und ES-Maschinen aus Zschopauer Produktion glänzten wie aus dem Ei gepellt, als hätten sie gerade erst das Fließband verlassen.

Es gehört schon verdammt viel Enthusiasmus und vor allem Zeit dazu, diese Maschinen herzurichten. Mario Brettschneider weiß ein Lied davon zu singen. Er ist stolzer Eigentümer eines Robur-LO, der einst in der "Lkw-Schmiede" Zittau produziert wurde. Aus ehemaligen Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) stammt er, in unveränderter, stumpfer grüner Lackierung. Außerdem zählen drei Motorräder zum Bestand des IFA-Fans. Sein Vater Horst sorgte übrigens als Volkspolizist in originaler Uniform und mit dem schwarz-weißen Regulierstab in der Hand für einen reibungslosen Ablauf des Verkehrsgeschehens auf dem Mügelner Freizeitgelände. Viel zu tun hatte er allerdings nicht, denn die Verkehrsdisziplin in der ehemaligen DDR war wohl mit auf die neuen Eigentümer der Fahrzeuge übertragen worden.

Imposant fiel auch die Ausfahrt durch Teile des Altkreises Jessen aus. Ein Pulk von Krädern, Pkw und Lkw fuhr gesittet über Schweinitz, Gerbisbach, Schöneicho bis Rade und zurück nach Mügeln. Aus dem Jessener Stadtteil stammt auch ein Motorrad, das nicht nur zu bestaunen, sondern auch noch fahrtüchtig war und ist: Eine Sachs, hergestellt 1940 in der Elite Diamantwerke AG. Jahrelang stand das Zweirad in der Scheune. Dem Großvater von Frank Heide gehörte das gute Stück. Im Enkel weckte es den Sammler- und Bastlerinstinkt. Er rollte das schmale Zweirad aus der Scheune, füllte Sprit auf und auf Anhieb sprang der 98-Kubikzentimeter-Zweitakter an. Gut, er musste ziemlich aufgemöbelt werden. Der Mügelner fuhr nach Dresden ins Verkehrsmuseum, schaute sich dort eine Maschine des gleichen Typs an und machte sich mit Feuereifer ans Werk. Ein Schmuckstück ist es geworden. Vor allem die Speichen blitzen in der Sonne. Die sind Maßanfertigungen, über die Firma Sausewind in Jüterbog wurden sie beschafft.

Mario Brettschneider und seine IFA-Freunde haben beschlossen: Im nächsten Jahr gibt es garantiert eine Neuauflage, denn das Treffen soll keine "Eintagsfliege" gewesen sein. Dann soll die Palette erweitert werden, auf Fahrzeuge aus dem ehemaligen Ostblock. Die hatten sich schon am Wochenende mit "eingeschlichen". Seien es Skoda aus der einstigen Tschechoslowakei oder eine "Molotow" mit Seitenwagen und Anhängekupplung aus sowjetischer Produktion.