Inhalt aus dem Archiv der Mitteldeutschen Zeitung
Von Evelyn Jochade 23.08.17, 14:18 Uhr
In edlem Blau-Weiß und ausgezeichnet restauriert begeisterte das Wartburg-Cabrio die Bewerter in Mügeln.
Foto: Jochade
Mügeln - Das Interesse an Trabant, Wartburg und Co. wächst. Das war in Mügeln beim Treffen der Ostmobile zu erleben. Kamen im vorigen Jahr 1 300 Besucher, waren es dieses Mal rund 2 500. Bereits am Samstagmittag fanden Besucher nur noch schwer Parkplätze, nahmen aber gern ein paar Meter Weges in Kauf.
Schließlich wurden sie von rund 400 Fahrzeugen erwartet. Darunter blitzten und blinkten im Sonnenschein echte Hingucker wie ein Trabi mit aufgestelltem Dachzelt, ein Berliner Dienst-Volvo aus den Jahren vor 1989 und zahlreiche Zweiräder. Liebhaber der Ostmobile konnten sich wie im Paradies fühlen, zumal auch Ersatzteile angeboten wurden.
Diese seien, so der Vorsitzende des 2008 gegründeten Vereins der IFA-Freunde Jessen, Mario Brettschneider, noch relativ günstig zu haben, aber es würden doch spürbar weniger. Da ist es für die Eigentümer solch alter Karossen sinnvoll, sich einen Vorrat zuzulegen. Er selbst, stolzer Besitzer eines Lkw vom Typ W 50, habe sich neben kistenweise Kleinteilen auch Achsen, Motor und Getriebe zurück gelegt. Der Kraftverkehrsmeister, der als freiberuflicher Dozent angehende Berufskraftfahrer schult, schraubte schon als zwölfjähriger an Simson und MZ.
„Schwester Agnes“ (Isabell Teske) auf ihrer schnellen, aber schon betagten Schwalbe.
Im Bestand der 45 Mitglieder des Vereins ist vom Moped über Pkw bis zum Lkw alles vorhanden. Ein Hobby, welches viel Zeit in Anspruch nimmt. Dennoch haben sie bereits zum achten Mal das Treffen, welches einem Volksfest ähnelt, gestemmt. Natürlich nicht ganz ohne Sponsoren. Aber es zieht in der Branche Kreise. Die Veranstalter, die neben den Preisen für Originalzustand und schönsten Umbau auch zehn Sonderpreise vergaben, konnten beispielsweise mit immerhin 270 Kilometern die weiteste Anreise eines Ausstellers küren.
Dieser kam aus dem thüringischen Sömmerda. Publikumsliebling wurde ein grüner umgebauter P 50 aus Dessau, der in seinem neuen Leben auf einen Allradantrieb zählen kann. Den ersten Platz für den schönsten Umbau erhielt ein Trabant Kübel aus dem Landkreis Dahme-Spreewald, der in Lackierung und Motor sowie mit seinen Ledersitzen außergewöhnlich daher kam. Wer aber von den Ausstellern den Originalzustand für sein Fahrzeug reklamierte, ob Zwei- oder Vierrad, der musste eine perfekte Restaurierung nachweisen. Bis hin zu Schrauben und Bowdenzügen.
Christian Burkhardt, stellvertretender Vereinschef der Jessener IFA-Freunde und seit drei Jahren ihr Bewertungschef, hatte auf solche Details ein genaues Auge: „Ich hole mir unparteiische Fachleute wie Kfz-Meister mit ins Boot. Ich selbst bin Baujahr 89, habe die DDR nicht erlebt, aber mein Opa fuhr einen Wartburg, den fand ich toll.“
Ebenfalls ein Wartburg machte bei den Pkw das Rennen. Der Wartburg 311 Cabrio Baujahr 1960 von Susanne Püschel aus Gräfenhainichen strahlte in Blau und Weiß und seine Halterin nicht minder. Auch ihr Ehemann Tim, der die vierjährige Schönheitskur zu verantworten hatte, sah sein Werk bestätigt.
Zu seiner Motivation aus einem alten Stück Blech in einer Scheune solch ein Glanzstück aufzubauen, meinte er: „Das sind doch super elegante Autos. Die haben Geschichte. Die will ich erhalten.“ Ähnliche Freude kam bei den Haltern der anderen Sieger auf. Bei den Mopeds war das ein KR 50, Baujahr 1961, ein Berliner Roller SR 59 aus Jessen gewann bei den Motorrädern und ein in Werdau gebauter H 6 aus Delitzsch wurde bei den Nutzfahrzeugen Erster.
Bei all den motorisierten Schönheiten konnte es dem ein oder anderen Besucher schon mal schwindlig werden. Hilfe wäre schnell zur Stelle gewesen. Die bekannte „Schwester Agnes“ auf ihrer Schwalbe aus der gleichnamigen kultigen DDR-Fernsehserie fuhr leibhaftig über den Platz. Isabell Teske aus Klöden hatte hier sozusagen das Erbe von Agnes Kraus angetreten. Auf jeden Fall stünde die 27-jährige Physiotherapeutin für die Fortsetzung der Fernsehserie bereit. „Das Outfit liegt immer bei mir griffbereit im SchrankAnzeige.“
Mit einem Jahr Vorbereitungszeit fürs Mügelner Treffen rechnen Jessens IFA-Freunde. Allerdings gibt es weitere Veranstaltungen, die locken. Beispielsweise werden Mitglieder übernächste Woche mit drei Lkw, einem W 50 und zwei Robur, nach Magdeburg zum „Ostmobil Meeting“ fahren. Ihr eigenes Fest vergessen die Jessener darüber keinesfalls. Der Termin für 2018 steht schon fest: Das Wochenende vom 17. bis zum 19. August. (mz)
Quelle: http://www.mz-web.de/28211578 ©2017